Alfa Romeo Montreal – Medizin für Fahrerherzen
Der Alfa Romeo Montreal wurde anlässlich der Expo 67 in Montreal als Design Studie des Bertone Chefdesigners Marcello Gandini vorgestellt. Das äussere Erscheinungsbild fand sofort begeisterten Anklang.
Die Automobil Revue schrieb im April 1967:
“An der demnächst beginnenden Weltausstellung in Montreal wird die Marke Alfa Romeo unter anderem mit einem neuen Prototyp vertreten sein, für dessen Antrieb der in Weiterentwicklung befindliche V8-Motor von 2 Liter Inhalt in Betracht kommen könnte.
Die äusserst elegante, durch ihre Schlichtheit bestechende Coupékarosserie mit glatten Seiten- und grossen Glasflächen, Fastback und Steilheck verkörpert die jüngste Schöpfung des zur Zeit besonders aktiven Couturier Nuccio Bertone. Unverkennbar ist eine starke Anlehnung an den am vergangenen Genfer Salon gezeigten Lamborghini Marzal, dessen futuristisches Konzept eine aufsehenerregende Salon-Attraktion bildete.”
Drei Jahre nach der ersten Vorstellung des Prototyps in Montreal feierte der Sportwagen am Genfer Automobilsalon eine erneute Premiere. Und zwar mit einem im Bug eingebauten V8-Motor, der es in sich hatte. Abgeleitet vom Rennsport-Aggregat des Alfa Romeo 33/2 war ein für den Strasseneinsatz auf 2,6 Liter aufgebohrter V8-Motor mit vier obenliegenden Nockenwellen, mechanischer Spica-Benzineinspritzung und Trockensumpfschmierung für den Montreal entwickelt worden, das seine Kraft über ein ZF-Fünfganggetriebe auf die Hinterachse leitete. Schon beim Starten des Motors stellen sich die Haare im Nacken auf. Der V8 hat echte Rennwagen-Gene und stammt vom legendären Alfa Tipo 33/2. Für die Serie wurde der Hubraum von 2,0 auf 2,6 Liter aufgebohrt und die PS-Leistung von 260 auf 200 PS reduziert. Schrill jauchzend erwacht das Triebwerk zum Leben.
Auf kurvenreichen Landstrassen fühlt sich der Montreal in seinem Element. Naja, es ist halt ein Alfa von altem Schrot und Korn. Nach 7,6 Sekunden sind 100 km/h erreicht. Bis jenseits der 220 km/h treibt der Motor den 1,3 Tonnen schweren 2+2-Plätzer – untermalt von jenem Klangbild, das einen dazu verleitet, die Drehzahl hochzuhalten.
Die Zeitschriften Automobil Revue und Auto Motor und Sport bestätigten 1972 das Temperament des neuen Sportwagens. Unisono zeigten sich die Testfahrer vom Motor und seiner Laufkultur, aber auch seiner Drehfreudigkeit begeistert. Die Automobil Revue beschrieb den Wagen als “angenehmen Reisesportwagen für zwei Personen” und gleichzeitig als “echtes Männerfahrzeug für begüterte, überdurchschnittliche Fahrer”. Die Zeitschrift AMS hob nach rund 10’000 Testkilometern die sehr guten Fahrleistungen, den kultivierten Hochleistungsmotor, die gute Heizung und Belüftung sowie das exakt schaltbare Sportgetriebe als Vorteile hervor.
Zur Marksituation schrieb das Schweizer Oldtimer-Portal Zwischengas:
„Wegen seiner unorthodoxen Technik und seinem unkonventionellen Aussehen wurde der Alfa Romeo Montreal von den Oldtimerliebhabern über lange Jahre kaum beachtet, so dass die Preise tief blieben und Wartungs- oder Restaurierungskosten schnell über den Wiederverkaufswert stiegen. Dies scheint sich inzwischen geändert zu haben, denn das Achtzylnder-Coupé geht in gutem Zustand eindeutig in Richtung sechsstellige Summen.“ Diese Ansicht von Zwischengas wird auch von weiteren Marktbeobachtungen gestützt. So haben sich die Preise für den Montreal gemäss Classic Data zwischen November 2011 und August 2017 um durchschnittlich 22 % pro Jahr erhöht.“
Bei einer Auktion von Gooding & Co in Pebble Beach wurde bereits im August 2013 für einen Montreal US Dollar 99.000 und damit etwa 30 % über dem damaligen Anfangsgebot bezahlt.
Im August 2015 versteigerte Bonhams während einer Auktion auf dem Gelände der Quail Lodge, einem ganz exklusiven Golfclub in Kalifornien einen Montreal für 96.250 US Dollar, damals CHF 92.363.
Die richtige Pflege eines Alfa Romeo Montreal setzt umfangreiches Fachwissen voraus. Vieles davon ist verloren gegangen. Durch eine nicht fachgerechte Behandlung können erhebliche Folgeschäden entstehen. Das können Kleinigkeiten sein, wie das gelegentliche Ölen des Fanfarenkompressors, der sich versteckt und wenig zugänglich zwischen Frontgitter und Kühler befindet. Aber auch der Antriebsriemen für die mechanische Einspritzpumpe wird oft vernachlässigt. Exklusivität hat ihren Preis, darin ist der Alfa Romeo Montreal keine Ausnahme. Doch nicht immer muss es richtig teuer werden, oft lassen sich auch kostengünstige Lösungen finden.